Zen (Buddhismus) liegt in letzter Zeit sehr im Trend, und so schien mir die mystische Atmosphäre eines Zen-Klosters die ideale Umgebung (bzw. Projektionsfläche) für die Begegnung mit der eigenen inneren Weisheit, hier in Form des Zen-Meisters personifiziert.
Wer sich ein wenig mit Zen beschäftigt hat, wird in dieser Produktion unschwer Rezitationen im Stil der Soto-Shu wiedererkennen, die mir mit ihrer langsam schwingenden Rhythmik unmittelbar geeignet zur Vertiefung einer Trance scheinen; ansonsten aber habe ich mich um Formulierungen bemüht, die der Ausgestaltung der Szenerie mit eigenen Phantasien nicht im Wege stehen.
So bleiben die Beschreibungen der Landschaft wie auch der Person des/der Zen-Meisters/Meisterin mit voller Absicht recht vage. Auch Formulierungen wie: „… die Mönche und Nonnen sollen hier besonders hingebungsvoll üben…“ leben von Unschärfe und Doppeldeutigkeit – das „sollen“ läßt sich ebensogut im Sinne von „man sagt, daß…“ wie als eingebetteter Befehl verstehen.
Ein Zusammentreffen mit der eigenen inneren Weisheit macht natürlich am meisten Sinn, wenn man von einer konkreten Frage oder der Notwendigkeit, eine Entscheidung treffen zu müssen, umgetrieben wird. Auch hier bleibt die inhaltliche und thematische Ausgestaltung der Frage vollkommen dem Hörer überlassen (ebenso wie die Art der Antwort), auch vor dem Hintergrund, daß man diese Trancereise durchaus in verschiedenen Lebensphasen mit völlig unterschiedlichen Fragen im Kopf durchleben kann, so daß eine inhaltliche Vorgabe hinderlich wäre.
Zur Vertiefung der Trance findet sich in Laufzeitminute 10 eine Doppelinduktion, bei der das rechte Ohr mit Beschreibungen der Landschaft versorgt wird, das linke hingegen mit suggestiven Aufforderungen, sich mit den unbewußten Regionen des Geistes einzulassen. Beachten Sie, wie sich bei den Kernworten "schweifen", "Herz" und "hilfreich" rechte und linke Tonspur synchronisieren.
Text: HK. Die Hintergrundmusik beruht auf einer musikalischen Idee von Kerstin Otten, für die ich mich sehr herzlich bedanke. Zwar ist die gelegentlich zu hörende Flöte eine chinesische Xiao, keine japanische Shakuhachi, die als Zen-Instrument schlechthin gilt. Aber da Zen ja auch erst im 13. Jahrhundert nach Japan importiert wurde aus China, wo es als Ch'an bekannt war, paßt das ja ganz gut.
Der vollständige Text:
Im Zen-Kloster/
Begegnung mit dem eigenen weisen Wesen
Nimm Dir nun gerne eine halbe Stunde Zeit für eine entspannende Trancereise an einem gemütlichen Platz, wo Du ungestört bist und gut ausruhen kannst, weil der Körper sich wohl fühlt, so daß Du nun mit wunderbarem Entspannen beginnen kannst.
Denn wir begeben uns nun auf eine Reise, die uns in die Landschaft der Phantasie führt, DEINE Phantasie, die alle Einzelheiten dieser Landschaft und dieser Reise ausgestalten kann. Und diese Reise ermöglicht es uns, einer sehr interessanten und wichtigen Persönlichkeit zu begegnen: Deinem eigenen weisen Wesen, von dem Du vielleicht noch gar nichts wußtest, das aber tief in Dir existiert und für Dich da ist. Und das Ziel dieser Reise ist es, diesem weisen Wesen eine wichtige Frage zu stellen, auf die Du Dir eine persönliche Antwort wünschst.
Aber nimm Dir zunächst noch einen Moment Zeit, um eine bequeme Haltung zu finden und in Deinem Körper zur Ruhe zu kommen und alle Muskeln zu entspannen, so daß der Geist frei wird, um auf die Reise zu gehen.
Du bist in ein Zenkloster eingeladen. Der Weg hierher führt durch einen wunderschönen lichten Wald; es ist ein schmaler Pfad zwischen Moospolstern und kleinen Büschen, der gut und bequem zu begehen ist und einem kleinen Bach folgt, der fröhlich durch das Tal plätschert. Der weiche federnde Waldboden ist eine wahre Wohltat für die Füße. Man kann die Rufe exotischer Vögel hören. Von den knorrigen Ästen der Bäume hängen Flechten herab, und der Boden ist mit weichem Moos bedeckt. Selbst auf Steinen und Baumstämmen wachsen dicke Polster von frischem grünem Moos. Zwischen den Bäumen ziehen feine Nebelschwaden hindurch, die Luft ist feucht und angenehm temperiert, und riecht phantastisch gut in diesem Märchenwald.
Diese kleine Wanderung führt Dich tief hinein in diese besondere Welt, und allmählich wird zwischen den Stämmen ein beeindruckendes Gebäude aus uraltem, dunklen Holz sichtbar: Das Zen-Kloster, das Ziel der Reise.
Dies ist ein ganz besonderes Kloster. Die Mönche und Nonnen sollen hier besonders hingebungsvoll üben und hervorragende Fortschritte machen, und der Zen-Meister, der Abt des Klosters, hat einen ganz besonderen Ruf. Es heißt, daß er in beliebiger Gestalt erscheinen kann und nicht festgelegt ist auf einen menschlichen Körper. Er lebt sehr zurückgezogen und man sieht ihn nicht oft. Aber für diejenigen, die dort waren und sich Rat von ihm geholt haben, hat sich das Leben sehr positiv entwickelt.
(mehrere tiefe Gongschläge in langsamem Rhythmus, dazu geraunt:)
Tritt ein in die große Meditationshalle, eine weite luftige Räumlichkeit mit viel altem, glattpoliertem Holz und mächtigen Säulen, die das geschwungene Dach stützen. Vor der großen Statue an der Stirnseite der Halle verströmt ein Räucherstäbchen einen angenehmen Duft. Ein freier Sitzplatz ist schon für Dich vorbereitet. Nimm Platz und genieße das Vibrieren der tiefen Gongschläge, das tief im Bauchraum spürbar wird. Rechts und links von Dir sitzen Mönche und Nonnen in dunklen Roben in gerader Reihe auf ihren Kissen und üben die meditative Versenkung. Schwing Dich ein auf die Atmosphäre ruhiger kraftvoller Konzentration. Und dann beginnt die Rezitation:
(Atmo: Maka Hannya)
Ein Mönch kommt langsam und konzentriert die Reihe entlanggeschritten. Er bleibt vor Dir stehen und bittet Dich mit einer wortlosen Verbeugung, aufzustehen und ihm zu folgen. Während die anderen ungestört weiterüben, geleitet er Dich zu einer kleinen unauffälligen Tür in der hinteren Wand. Mit einer weiteren Verbeugung und einer einladenden Handbewegung läßt er Dich durch die Tür treten und bleibt selbst zurück. Dort findet sich ein überdachter Laubengang, der mit vielen Treppenstufen inmitten einer hellen, freundlichen Landschaft vom Klosterhügel hinunterführt.
Doppelinduktion:
Das geschwungene Dach ruht auf vielen dunklen Holzpfosten, |
Geh einfach vertrauensvoll hinein in die Tiefen |
man kann sich in diesem Gang geschützt und geborgen fühlen. |
Deines unbewußten Verstandes, laß Dich tragen |
Die halbhohen Wände geben die Sicht frei, der Blick kann |
und laß Dich reich beschenken. |
weit über die herrliche Landschaft schweifen. |
Laß das Alltagsbewußtsein davonschweifen. |
Die hölzernen Treppenstufen sind schon oft beschritten worden |
Bewußte und unbewußte Kräfte arbeiten zusammen, |
und strahlen altehrwürdige Tradition aus. |
Im Inneren bist Du Eines. |
Viele Menschen sind hier schon gegangen, |
Voller Vertrauen in die Fähigkeiten des Geistes, |
mit wichtigen Fragen im Herzen, |
ergänzen sich Kopf und Herz. |
die sie vertrauensvoll dem Meister vorgelegt |
Die Talente des Unbewußten |
und eine hilfreiche Antwort bekommen haben. |
stehen Dir hilfreich zur Verfügung. |
Langsam gehst Du die Treppe hinunter und merkst: Mit jeder Stufe, die Du hinab schreitest, breitet sich mehr und mehr ein helles, freundliches Wohlgefühl aus, so daß Du am Fuß der Treppe in freudiger Erwartung ankommst.
Seitlich vom Laubengang zieht ein mit viel Aufwand gestalteter schöner Garten die Aufmerksamkeit auf sich. Wasserläufe mit geschwungenen Brücken verbinden kleine Teiche, Büsche wachsen in gefälligen Formen, interessant geformte Felsbrocken und Kiesflächen wechseln mit lichten Bambusgehölzen und dichten Moospolstern, und mitten drin in dieser Wunderwelt steht ein verwunschen aussehender kleiner Pavillon aus uraltem Holz unter dem Schutz eines dicken gemütlichen Strohdachs.
Dieses Teehäuschen hat mit seiner antiken, gepflegten Erscheinung eine respekteinflößende und gediegene Ausstrahlung. Wie magnetisch angezogen machst Du Dich auf den Weg dorthin, die Füße sorgsam auf die vom Alter und von zahllosen Schritten blankpolierten Trittsteine setzend, die Dich auf gewundenem Pfad zur Hütte hinführen.
Drinnen scheint niemand zu sein, also trittst Du achtsam ein und setzt Dich auf das einladend bereitliegende Polster. In der Nische gegenüber steht in einer schlichten Vase ein einzelner Blütenzweig unter einem Rollbild mit von Künstlerhand gemalten Schriftzeichen. Der Blick schweift über die sehr sparsame, aber äußerst geschmackvolle Einrichtung.
Völlig vertieft in diesen Augenschmaus, bemerkst Du die Gegenwart des Meisters erst jetzt, wenn Du aufschaust – und Ihr Euch im gleichen Moment gegenseitig erkennt. Die äußere Form spielt keine Rolle, denn Du weißt genau, wer Dir hier gegenübersteht. Spontan erhebst Du Dich und machst aus einem tiefempfundenen Bedürfnis heraus eine respektvolle Verbeugung. Du empfindest große Hochachtung und tiefen Respekt, gleichzeitig liebevolle Zuneigung und unendliches Vertrauen – was immer dieses weise Wesen Dir rät, wird ein guter Rat sein, denn niemand kennt Dich und Deine Bedürfnisse so genau wie diese Persönlichkeit. Und während Du Dich wieder auf Deinem Sitzkissen niederläßt, merkst Du, daß die Kommunikation zwischen Euch keiner Worte bedarf; sie findet direkt von Geist zu Geist statt, so als würden die Worte des Meisters direkt in Dir selbst erklingen. Viele Fragen tauchen nun in Deinem Geist auf, die Du gerne stellen würdest, aber allmählich schiebt sich die eine große Frage in den Vordergrund, die jetzt, in diesem Moment und in dieser Situation als die Wichtigste erscheint; eine Frage, die Tragweite für Dein weiteres Leben hat und vor der die anderen Fragen einfach verblassen.
Formuliere diese Frage nun in Deinem Geist und sieh zu, wie der Meister sie in seiner Seele wiegt, Dich dann aufmerksam mit freundlichem Blick anschaut und Dir eine Antwort voller Weisheit und Güte auf geistigem Weg sendet. Vielleicht hörst Du sie unmittelbar wie gesprochene Worte vor dem inneren Ohr, vielleicht stellen sich Bilder ein, die die Antwort symbolisieren, vielleicht spürst Du die Antwort im Körper, vielleicht mußt Du Dich aber auch gedulden bis heute Nacht, wenn die Antwort erst im Traum klar und deutlich wird, aber Du kannst sicher sein, daß dieses von Güte und Liebe durchdrungene weise Wesen Dir verläßlich eine gute Antwort zukommen läßt. Und während die stumme Zwiesprache zwischen Euch andauert, tönt von weither die Rezitation der Mönche und Nonnen:
O JI HO SAN SHI I SHI FU
O SHI SON BU SA MO KO SA
O MO KO HO JA HO RO MI
Es beginnt draußen schon zu dämmern, als der Meister Dir freundlich zunickt zum Zeichen, daß das Gespräch beendet ist. Bis Du Dich erhoben hast, ist er schon verschwunden – leise und ohne eine Spur zu hinterlassen. Die wahre Bedeutung dieser Begegnung kannst Du jetzt vielleicht noch gar nicht einschätzen, aber sie wird in der Zukunft irgendwann völlig offenbar werden.
In tiefster Seele erfrischt und gestärkt fühlst Du Dich bereit, den Rückweg anzutreten und dieses wundervolle Erlebnis voller Dankbarkeit tief in Deinem Inneren mitzunehmen. Du machst Dich mit einem Gefühl fester Zuversicht und großem Optimismus auf den Weg aus dem Teepavillon hinaus, über den gewundenen Pfad der Trittsteine zurück zum Laubengang und all die Stufen den Klosterhügel hinauf, und mit jeder Stufe, die Du emporsteigst, fühlst Du Dich sicherer und stärker. Die Trance der Faszination, die Dich im Teehäuschen leicht verwirrt hat, weicht einem klaren, frischen Bewußtsein, und als Du durch die obere Tür in den Meditationsraum trittst, sind auch die Mönche und Nonnen gerade mit ihrer Übung zu Ende gekommen und streben jetzt dem Ausgang der Halle zu. Jeder hier hat ein berührendes Erlebnis oder eine tiefe Erkenntnis gehabt, und die Atmosphäre in der Halle ist voller Zuversicht und Energie. Du kannst Dich unter die Mönche und Nonnen mischen und mit ihnen hinausgehen und wieder zurück kommen hierher in diesen Raum und in die heutige Zeit, frisch und erquickt wie nach einem langen, erholsamen Schlaf. Der Körper will sich vielleicht noch recken und strecken, wichtig sind einige tiefe Atemzüge, und schon ist der Geist wieder klar und wach, die Gefühle sind stark und wach und der Körper ist wieder frisch und wach.